Blick in die Morgensonne. Einsamkeit des modernen Menschen.

Nun, wir glauben wirklich, dass niemand die Einsamkeit des modernen Menschen so dargestellt hat wie er es tat. Außerdem sind seine Bilder so filmisch und vielleicht fühlen wir uns ihnen deshalb so verbunden. In „Morgensonne“ blickt die Frau, die Hopper seiner Ehefrau Jo nachempfunden hat, teilnahmslos und scheinbar in Gedanken versunken in Richtung der Sonne. Die kahle Wand und die Höhe des Raumes über der Straße suggerieren ebenfalls Trostlosigkeit und Einsamkeit im unpersönlichen Stadtleben.

Jo, eine Malerin und Schauspielerin

Ein Großteil von Edwards Hoppers frühem Erfolg kann Jo zugeschrieben werden, die auch seine Managerin war. Als das Paar 1924 heiratete, waren beide über 40 Jahre alt. Jo, eine Malerin und Schauspielerin, war die etabliertere der Beiden. 1923 wurde sie eingeladen, an einer Gruppenausstellung amerikanischer und europäischer Künstler im Brooklyn Museum teilzunehmen, und sie ermutigte die Kuratoren, auch die Arbeiten ihres Mannes einzubeziehen. Diese Ausstellung führte zum ersten Museumsankauf seiner Werke.

Jo war von 1923 bis zu Edwards Hoppers Tod 1967 sein einziges weibliches Modell, obwohl er seine Gemälde nie als Porträts von ihr betrachtete, sondern sie als Stellvertreterin für „jede Frau“ sah. Zum Zeitpunkt des Gemäldes Morgensonne war Jo 69 Jahre alt, dennoch wird sie hier in einer eher idealisierten, jugendlichen Darstellung wiedergegeben.

Zeitlebens trug Edward Hopper einen Zettel in seiner Jackentasche, auf dem er ein Zitat aus einem Brief Goethes geschrieben hatte. Hopper hatte in der Schule Deutsch gelernt.

„Sieh Lieber, was doch alles Schreibens Anfang und Ende ist, die Reproduktion der Welt um mich, durch die innere Welt, die alles packt, verbindet, neu schafft, knetet und in eigner Form, Manier, wieder hinstellt, das bleibt ewig Geheimnis, Gott sei Dank, das auch ich nicht offenbaren will den Gaffern und Schwätzern.“ Johann Wolfgang von Goethe in einem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi, 21. August 1774.

Edward Hopper (1882–1967) zählt zu den bekanntesten US-amerikanischen Malern des 20. Jahrhunderts. Sein Werk wird im Kontext von Neue Sachlichkeit, Amerikanischem Realismus und Impressionismus diskutiert. Über die Ungegenständliche Kunst äußerte er sich kritisch. Häufig werden seine Werke als dezidiert amerikanisch interpretiert. In ihnen bevölkern wenige, isolierte und melancholische Figuren schlaglichtartig beleuchtete Tankstellen, Motelzimmer, Büros und Lokale. Hopper führte seine Ölgemälde und Aquarelle äußerst sorgfältig aus und verlieh ihnen – bewusst oder unbewusst – eine zeitlose Qualität, die als Aussage über die conditio humana gewertet werden kann.

Weiterführende Informationen zu Edward Hopper

Lob der Einsamkeit. Wir sind jetzt alle ein Bild von Edward Hopper. Deutschlandfunk

Edward Hopper: Seine Bilder machten die Depression zur Mode. Berliner Zeitung.

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